Bildungsreisen

Fachkräfteaustausch mit Marseille, Jugend- und Freizeitclub Manege, Herbst 2022

Im Frühjahr 2022 bekam die Manege Besuch aus Marseille. Vier Fachkräfte der ausserschulischen Kinder- und Jugendarbeit tauschten sich mit den Team der Manege über die jeweiligen Arbeitskontexte und Herausforderungen aus. Ein besonders großes Interesse von Seiten der französischen Kolleg*innen bestand an der Frage, wie die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen in der Manege im Alltag umgesetzt wird. Das Gespräch drehte sich vertiefend um den Kinder- und Jugendbeirat der Manege und über entsprechende pädagogische Ansätze in Marseille. Schnell wurden Ähnlichkeiten in der Bildungsarbeit in Berlin und Marseille deutlich und der Wunsch entstand diesen Fachkräfteaustausch fortzuführen.

Ende September reiste das Leitungsteam der Manege, gemeinsam mit den jungen Fachkräften/Coaches, nach Marseille. Dort besuchten sie die Vereine En Chantier, 3.2.1, Colinéo und Momkin sowie das Kulturzentrum Coco Velten. Eine knappe Woche lang tauschte sich die Gruppe über pädagogische Methoden in der außerschulischen Bildungsarbeit und Freizeitgestaltung, wie auch über Fragen bezüglich der Organisation in heterogenen Teams mit flachen Hierarchien, aus.

Mit dem Verein En Chantier bleibt die Manege in Kontakt. Einzelne Kolleg*innen aus Marseille planen im nächsten Jahr eine Woche lang in der Manege zu hospitieren.

Mit der freundlichen Unterstützung von

Ferienfahrt nach Brandenburg von Schüler*innen des gebundenen Ganztages der Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli, Juli 2022

Durch die Corona Pandemie hatten auch Kinder weniger Möglichkeiten zusammenzukommen, miteinander Sport zu treiben und ihre Freizeit miteinander zu verbringen. Familien sind an ihre Belastungsgrenzen gestoßen und der Bedarf an Erholungsangeboten ist dringend notwendig. Es besteht Nachholbedarf im sozialen Miteinander, in der Motorik und in der Förderung der psychischen Gesundheit.

Fünf Erzieherinnen aus dem gebundenen Ganztag der Gemeinschaftsschule Campus Rütli sind im Juli 2022 mit 24 Kindern nach Brandenburg aufgebrochen und haben dort eine Woche lang im KIEZ Frauensee verbracht. Während dieser Reise ging es darum, die Selbstwahrnehmung der Kinder durch ganzheitliche Erlebnisse zu stärken: Umwelt-Naturerfahrungen (Wanderungen, Umgang mit Tieren, erlebnispädagogische Spiele, Ausflüge), soziales Miteinander (Gruppenerfahrungen, Stärken und Kompetenzen in der Gruppe kennen und nutzen), Förderung der Motorik, Körperwahrnehmung, Sensomotorik (Bewegungsangebote, Stärkung der Körperwahrnehmung, Bastelangebote für die Feinmotorik, erlebnispädagogische Spiele), Förderung der psychischen Gesundheit. Durch verschiedene Angebote erhielten die Kinder Möglichkeiten in der Gruppe miteinander in Interaktion zu treten, ihre kommunikativen Fähigkeiten zu trainieren und sich auf Kompromisse und Aushandlungsprozesse einzulassen. Sie hielten sich dabei hauptsächlich an der frischen Luft auf. Durch konkrete Lernerfahrungen erlebten sie, wie sie ihre Umwelt aktiv selbst beeinflussen können.

Aus Beobachtungen wissen wir, dass Kinder in außerschulischen Lern- und Erlebnisorten immer persönliche Fortschritte in der Entwicklung machen. Wir bedanken uns beim Programm AUF!leben – Zukunft ist Jetzt für die Unterstützung.

 

Reise nach Israel/Palästina von Schüler*innen der Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli, Juni 2019

Reisebericht von Juliana Kohl, Mehmet Can (Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli) und Jamina Diel (politische Bildnerin):

Am Montag, den 3. Juni 2019 sitzen 15 aufgeregte Schüler*innen des Campus Rütli im Flugzeug. Ihr Ziel: der Ben Gurion Airport Tel Aviv. Ihr Vorhaben: Eine Studienreise, die sie nach Jerusalem und in andere Städte in Israel und Palästina führt. Nicht weniger gespannt sind die Lehrkräfte Juliana Kohl und Mehmet Can vom Campus und die politische Bildnerin Jamina Diel, die die Jugendlichen aus der 10. und 11. Jahrgangsstufe begleiten. Ein Schuljahr lang hat sich die Gruppe vorbereitet: Stiftungen wurden mit der Bitte um finanzielle Unterstützung angeschrieben und Kuchenbasare veranstaltet, um die Reisekasse aufzubessern. Außerdem wurden im Vorhinein die zahlreichen Programmpunkte vor Ort geplant.

Für alle Schüler*innen ist es die erste Fahrt nach Israel und in die palästinensischen Gebiete und für alle ist die Reise keine übliche Klassenfahrt. Die Mehrheit der Gruppe hat einen palästinensischen Migrationshintergrund: Ihre Großeltern sind aus dem heutigen Israel ausgewandert oder geflohen. Zum ersten Mal haben die Jugendlichen die Gelegenheit, das Land zu besuchen, das in ihren familiären Erzählungen weiterhin präsent ist. In den Motivationsschreiben wünschten sich die Jugendlichen mehr über das Zusammenleben der drei monotheistischen Weltreligionen zu erfahren und die religiösen Stätten in der Altstadt zu besuchen. Sie äußerten das Bedürfnis, sich ein eigenes Bild von einer Region zu machen, deren mediale Darstellung vom israelisch-palästinensischen Konflikt überlagert ist. Was der Konflikt für das Zusammenleben vor Ort bedeutet und welche Initiativen und Gruppen sich für eine friedliche Lösung des Konfliktes engagieren, waren zwei häufig wiederkehrende Fragen, die sich die Jugendlichen stellten. Vor allem aber wünschten sie sich viele Begegnungen mit Menschen, um mehr über das alltägliche Leben in einem Land zu erfahren, das in der Ferne oftmals lediglich als Kriegsgebiet dargestellt wird. Als die Reise näher rückte, wuchs bei einigen auch die Unsicherheit: Wie würden sie vor Ort empfangen werden? Würde es Konflikte zwischen ihnen und ihren Gesprächspartner*innen vor Ort geben? Es überwogen jedoch die Vorfreude und die Neugier auf das Land und die geplanten Begegnungen.

Nach der Landung hatte die Gruppe acht Tage Zeit, vielfältige Eindrücke von Jerusalem, der Region und dem Konflikt zu gewinnen und Antworten auf ihre zahlreichen Fragen zu finden.

Tag 1 - Ausflug nach Bethlehem und Besuch des Tempelbergs Der erste Programmpunkt führte die Gruppe in die biblische Stadt Bethlehem. Mit unserem Reiseleiter Muhaned besichtigten wir die räumlich nach verschiedenen Konfessionen aufgeteilte Geburtskirche Jesu, deren Besuch nicht nur für die christlichen Jugendlichen eine besondere Erfahrung war. Anschließend konnten wir bei einem Spaziergang durch die Altstadt mehr über die Geschichte Bethlehems und das alltägliche Leben in den palästinensischen Gebieten erfahren. Am Nachmittag besuchte die Gruppe in Beit Jala die weltweit einzige Organisation, die keine neuen Mitglieder aufnehmen möchte. Im Parents Circle Families Forum engagieren sich palästinensische und israelische Familien, die durch den Konflikt unmittelbare Familienmitglieder verloren haben, für eine friedliche Lösung des Konfliktes. Im Gespräch mit einem israelischen und einem palästinensischen Mitglied der Organisation, die beide ihre Töchter verloren haben, wurden die Auswirkungen des Konflikts auf die israelische wie auch die palästinensische Bevölkerung schnell deutlich. Dass die beiden Väter sich trotz ihres traurigen Schicksals als Brüder begreifen, die sich näher stehen als ihren biologischen Familien, hat die Jugendlichen überrascht und sehr berührt. Spannend war auch der Appell unserer Gastgeber, den Konflikt nicht auch noch in Berlin auszutragen und dabei die eigenen Probleme vor Ort zu vergessen, sondern sich für Menschlichkeit einzusetzen, den Austausch zu suchen und sich für friedliche Lösungen von Konflikten vor Ort stark zu machen. Wie eindrucksvoll der Besuch der Organisation war, zeigte sich in den vielen positiven Rückmeldungen der Jugendlichen, die diesen Programmpunkt als einen der Höhepunkte der Fahrt betrachteten. Ein weiterer Höhepunkt des Tages, aber auch der Reise insgesamt, stellte für die muslimischen Jugendlichen der Besuch des Felsendoms und der Al-Aqsa Moschee dar. Während die muslimischen Schüler*innen die beiden Orte erkundeten und auch vor Ort beten konnten, unternahm die restliche Gruppe einen Einkauf auf dem Ben Yehuda Markt nahe unserer Unterkunft und bereitete für die gesamte Gruppe im Anschluss ein leckeres Abendessen vor. Bei der abendlichen Auswertungsrunde besprach die Gruppe ausgiebig die vielen Eindrücke des Tages. In diesen täglichen Runden nannten die Jugendlichen Aspekte, die sie nachdenklich gemacht oder überrascht hatten oder ihnen anderweitig merk(ens)würdig erschienen und hielten ihre Gedanken in ihren Reisetagebüchern fest.

Tag 2 - Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem Angesichts der fast vollständigen Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden durch Deutschland vor fast 80 Jahren war der Besuch der internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem wesentlicher Bestandteil des Programms. Unser Guide Jonathan führte uns durch die Dauerausstellung und berichtete uns während der Erkundung des weitläufigen Areals von dem bis heute andauernden Trauma, das der Holocaust im kollektiven Gedächtnis Israels hinterlassen hat. Jonathan gelang es auf sehr schüler*innenzugewandte Weise die Totalität der Vernichtung am konkreten Schicksal einzelner Opfer aufzuzeigen. Dabei erinnerte er auch an die nichtjüdischen Menschen, die das Schicksal der Jüdinnen und Juden im Zweiten Weltkrieg nicht gleichgültig hinnahmen und trotz persönlicher Risiken zu helfen versuchten. Die Schüler*innen waren beeindruckt, als sie vom ägyptisch-deutschen Arzt Mohamad Helmy erfuhren, der in Berlin mehreren Jüdinnen und Juden das Überleben im Versteck ermöglichte und als "Gerechter unter den Völkern" geehrt wird. Im Tal der Gemeinden, das an die 5000 jüdischen Gemeinden in Europa vor der Shoa erinnert, legte die Gruppe Blumen mit einer Trauerschleife nieder. Die Schüler*innen bekamen die Gelegenheit, individuell der Opfer zu gedenken. In einem anschließenden Workshop unter der Anleitung Jonathans reflektierten die Schüler*innen den Besuch des Gedenk- und Lernorts und ihr neu erlangtes Wissen über den Holocaust. Beim gemeinsamen Abendessen verarbeitete die Gruppe ihre Erfahrungen des anstrengenden Tages und begang auch das Zuckerfest, das an diesem Tag stattfand. Zur Vorbereitung auf den Folgetag fand sich die Gruppe zusammen, um den arabischen Volkstanz Dabke einzuüben, den wir am nächsten Tag zusammen mit unseren Gastgeber*innen tanzen wollten.

Tag 3: Ausflug nach Tel Aviv. Besuch einer israelischen High School und Ausflug an den Strand Ab diesem Tag wurden wir von unserem Reiseleiter Uriel Kashi begleitet, der den Schüler*innen Land und Leute über viele Anekdoten und Erzählungen vertrauter machte. Uriel hatte uns bereits bei der Planung des Programms beraten und unterstützt. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in der historisch-politischen Bildungsarbeit war Uriel besonders sensibel für die Belange unserer Gruppe und die emotionalen Herausforderungen, die eine solche Reise für Viele darstellte. In Tel Aviv bekamen die Jugendlichen die Möglichkeit, eine High School zu besuchen und sich mit den dortigen Schüler*innen auszutauschen. Auf dem Weg in die Schule erklärte Uriel uns das israelische Schulsystem, in dem in der Regel jüdische und arabische Israelis in getrennten Schulen unterrichtet werden. Die vorherige Befürchtung, dass sich die Sprachbarriere auf die Verständigung auswirken oder der Konflikt das Treffen überlagern könnte, stellte sich erfreulicherweise als unbegründet heraus. Dies lag auch an der großartigen Arbeit der israelischen Lehrkräfte, die viele Methoden und Spiele vorbereitet hatten, die der Begegnung zu einer enormen Leichtigkeit verhalfen. Die Jugendlichen erforschten Gemeinsamkeiten in ihrem Alltag, erkannten die Vielfalt innerhalb der deutsch-israelischen Gruppe und sprachen bspw. über ihren Schullalltag in Berlin bzw. Tel Aviv. Recht schnell stellten die Schüler*innen viele Gemeinsamkeiten fest, die sie im Vorfeld nicht vermutet hatten. Durch den gemeinsamen Dabketanz unter Anleitung der deutschen Gruppe und der Führung über den Schulcampus fand die Begegnung einen schönen Abschluss. Zum Mittag hatten 15 deutsche und 21 israelische Schüler*innen viele neue Follower auf Instagram und auch die Lehrkräfte tauschten Email-Adressen untereinander, um zukünftige Begegnungen vorantreiben zu können. Dass der Besuch der Schule einen nachhaltigen Eindruck auf die Gruppe gemacht hat, wurde in den vielen positiven Rückmeldungen während des Aufenthalts, aber auch im Nachgang der Reise deutlich. Am Mittag führte Uriel die Gruppe durch das historische Jaffa und zeigte uns u.a. das Künstler*innenviertel. Den Ausflug nach Tel Aviv beendete die Gruppe mit einem Abstecher an den Strand von Tel Aviv. Bei den sommerlichen Temperaturen wurde diese Erfrischung von allen sehr begrüßt. Nach der Ankunft in Jerusalem und der abendlichen Auswertungsrunde fasste ein Teil der Gruppe den Entschluss, die an dem Tag in Jerusalem stattfindende Pride Parade zu besuchen. Bei dem großen Straßenfest, das sich über ganze Viertel erstreckte, ließen es sich einige Schüler*innen nicht nehmen, die Parade mit einem spontanen Karaokeauftritt in den Straßen Jerusalems zu bereichern, was definitiv eines der Highlights der Reise für die begleitenden Lehrkräfte darstellte.

Tag 4 - Ausflug in den En Gedi Nationalpark und das Tote Meer Am Freitag standen zwei touristische Attraktionen auf dem Plan. Im En Gedi Nationalpark unternahmen wir eine Wanderung und lernten einen anderen Teil der diversen Landschaft Israels kennen. Bei den sommerlichen Temperaturen stellte die Wanderung durch die karge Felslandschaft jedoch auch eine Herausforderung dar. Die Oasen mit ihren Wasserfällen verschafften uns eine willkommene Erfrischung, wie auch der anschließende Besuch des Toten Meeres. Uriel erklärte anschaulich, wie das Tote Meer durch die tektonische Plattenverschiebung entstanden ist und warum sein Fortbestand angesichts des stetig wachsenden Wasserbedarfs in der Region gefährdet ist. Nach den Ausführungen Uriels besuchten die Jugendlichen den Strand und überzeugten sich selbst von der Möglichkeit, im Wasser ohne unterzugehen Zeitung lesen zu können.

Tag 5: Erkundungen in Ostjerusalem und der Altstadt Am fünften Tag bekam die Gruppe für die nächsten zwei Tage Zuwachs: Die Berliner Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Bevollmächtigte des Landes beim Bund, Sawsan Chebli, und Birgitta Strunk, zuständige Referentin für Städtepartnerschaften in der Berliner Senatskanzlei, begleiteten die Gruppe bei den anstehenden Begegnungen. Beim Besuch eines Community Centers erfuhr die Gruppe mehr über die Arbeit des Stadtteilzentrums, das eine wichtige Aufgabe in der Integration der Ostjerusalemer Bevölkerung übernimmt. Ähnlich wie in Berliner Stadtteilzentren können hier Jugendliche sportlichen Aktivitäten nachgehen, Nachhilfe erhalten oder anderweitige Beratung und Unterstützung in Anspruch nehmen. Im Gespräch mit dem arabische Leiter des Centers und einem Berater des Jerusalemer Bürgermeisters für Ostjerusalem erfuhren wir mehr über die Situation der arabischen Bevölkerung in Ostjerusalem und die historisch bedingte, besondere Situation dieses Teils der Stadt. Unsere beiden Gastgeber stellten anschaulich die Situation Ostjerusalems und die infrastrukturellen Probleme im Vergleich zum jüdisch geprägten Westjerusalem dar. Beide waren sich einig darin, dass aktuell ein Paradigmenwechsel stattfindet und sowohl die Jerusalemer als auch die israelische Regierung nach Jahren der Vernachlässigung der arabischen Stadtteile Schritte unternimmt, um die Lage der Menschen vor Ort zu verbessern. Mit Spannung erwartete die Gruppe bereits Uriels umfangreiche Führung durch die Altstadt im Anschluss an das Gespräch. Uriel besuchte mit uns die verschiedenen Viertel in der Altstadt und beeindruckte die Gruppe mit seinem Wissen und seiner Fähigkeit, hochkomplexe historische, politische und religiöse Ereignisse bzw. Zusammenhänge sehr bildhaft und gut verständlich zu vermitteln. Zunächst stand die Leidensgeschichte Jesu Christi in Zusammenhang mit den Kreuzwegstationen entlang der Via Dolorosa und dem Besuch der Grabeskirche im Zentrum der Führung. Bevor die Schüler am Nachmittag die Klagemauer, also die Westmauer des alten jüdischen Tempels, aus der Nähe betrachten konnten, tauschte Uriel sich mit ihnen darüber aus, warum Jerusalem für alle drei großen Weltreligionen so ein bedeutender Ort ist und die unterschiedlichen Besitzansprüche insbesondere bezüglich des Tempelbergs so viele Konflikte mit sich bringen. Außerdem ging es auch um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bezug auf religiös begründete Kleidungsvorschriften (z.B. Umgang mit Kopfbedeckungen wie Kippa und Kopftuch) sowie die Besonderheiten bezüglich des Essens („halal“ und „koscher“) und der Feiertage. Am Nachmittag hatten die Jugendlichen noch ein wenig Zeit für einen Bummel auf dem Basar in den vielen kleinen Gassen der Altstadt.

Tag 6 - Austausch mit arabischen Israelis und Besuch des Willy Brandt Centers Am vorletzten Tag der Reise besuchten wir Ein Rafa, ein israelisch-arabisches Dorf zehn Kilometer westlich von Jerusalem. Dort tauschten wir uns mit Ehrenamtlichen aus, die in der arabischen Sektion der Hanoar Haoved Vehalomed aktiv sind. Die Hanoar Haoved Vehalomed ist ein Jugendverband mit etwa 120.000 Mitgliedern, der sich aus allen Teilen der israelischen Gesellschaft zusammensetzt und in dem Juden, Muslime, Christen und Drusen zusammenarbeiten. Wir sprachen über das vielfältige Selbstverständnis der arabischen Bevölkerung in Israel, die sich als arabische oder palästinensische Israelis oder als israelische Araber bzw. Palästinenser verstehen. Die Jugendlichen berichteten uns von ihrem Alltag und von den Herausforderungen, vor denen sie als arabische Staatsbürger*innen aufgrund des Konfliktes zwischen Israel und Palästina stehen. Nach einer Führung im Dorf und einer Einladung zum Mittagessen fuhren wir zurück nach Jerusalem, um das Willy Brandt Center zu besuchen. In diesem Begegnungszentrum treffen sich junge Menschen aus Israel, Palästina und der ganzen Welt und engagieren sich in verschiedenen Projekten in den Bereichen Politik, Bildung und Kultur. Im Gespräch mit der Leiterin Judith Höffkes konnten wir einige Fragen stellen, die nach knapp einer Woche Aufenthalt für uns noch offen waren oder sich vor Ort zusätzlich ergeben hatten. Frau Höffkes stellte uns Begegnungsprojekte vor und sprach von der zunehmenden Schwierigkeit, eine Begegnung zwischen Israelis und Palästinenser*innen zu realisieren. Als Ausblick diskutierten wir, wie wir zur friedlichen Lösung des Konflikts beitragen können. Die Jugendlichen betonten den hohen Wert von Begegnungsreisen und wollen sich dafür einsetzen, dass auch in Zukunft weitere Projekte realisiert werden.

Tag 7 - Besuch der deutschen Botschafterin in Israel und Rückflug Vor der Abreise besuchte die Gruppe am Vormittag die deutsche Botschafterin in Israel in ihrer privaten Residenz bei Tel Aviv. In einem persönlichen Gespräch mit den Schüler*innen zeigte sich die Botschafterin sehr interessiert an deren Perspektiven und vielfältigen Begegnungen während der Reise. Im Austausch mit ihr und drei ihrer Mitarbeitenden zogen die Teilnehmenden ein erstes Resümee der Reise und reflektierten ihre Erwartungen sowie die nun gesammelten Eindrücke. Zudem erhielten wir einen Einblick in die beeindruckende Arbeit der Botschafterin.

Sowohl die Jugendlichen als auch die drei Begleitpersonen sind mit unzähligen individuellen Eindrücken und Erfahrungen zurückgekehrt. Diese wurden von den Jugendlichen in Begleitung durch die politische Bildnerin Jamina Diel und dem Grafikdesigner und Illustrator Mathis Eckelmann aufgearbeitet. Entstanden ist ein Comic, das in und außerhalb von Schulen als Lehr- und Lernmittel genutzt werden kann. Die Pädagogische Werkstatt hat diesen Prozess aktiv begleitet.

Mit der freundlichen Unterstützung von

Reise nach Bosnien und Kroatien von jungen Frauen aus dem Jugend- und Freizeitclub Manege, Oktober 2019

Die selbstorganisierte Reise von jungen engagierten Frauen aus der Manege führte von Zagreb über Sarajevo nach Mostar und abschließend nach Zagore ans Mittelmeer. Auf der zehntägigen Reise standen zwei Aspekte im Zentrum: der Austausch von Frauen aus unterschiedlich kulturell und sozial geprägten Kontexten innerhalb der Reisegruppe und die Begegnung zwischen der Frauengruppe aus Berlin mit Frauen aus Sarajevo. Der erste Aspekt umfasste verschiedene Gesprächsformate und kurze Inputs von den Reisenden zu den Bereichen Selbst- und Fremdwahrnehmung und deren Einfluss auf eine selbstbestimmte Lebensführung. Impulse zum Austausch waren hier verschiedene biografische Fachtexte, z.B. von Chimamanda Adichie, Nora Amin oder Lana Sirri und gleichermaßen das eigene Erleben im Alltag in Deutschland und auf der Reise. Der zweite Aspekt umfasste eine vertiefte Beschäftigung mit der Bedeutung des ethnischen Konfliktes für Frauen in der Region in den 1990er Jahren und heute. Dies geschah besonders im Rahmen der Besuche der Gedenkkunstgalerie „Galerija 11/07/95“, die sich der Erinnerung an den Völkermord an Muslim*innen in Srebrenica, Bosnien widmet und diesen mit Fotografien und Original-Videomaterial dokumentiert und der „Žarana Papić School of Feminism“. Die „Žarana Papić School of Feminism“ ist eine Initiative des CARE e.V., einem Verein der sich für frauen-spezifische Belange in Bosnien einsetzt.

Auch außerhalb dieser beiden inhaltlichen Programmpunkte in Sarajevo fanden die jungen Frauen aus Berlin zahlreiche Anlässe zum Austausch mit verschiedenen Frauen. Mal waren es Gespräche mit der Leiterin des Hostels in Sarajevo, mal mit einer Frauengruppe während ihres Ausflugs auf den Aussichtspunkt über die Stadt oder auch eine Begegnung mit jungen Frauen an der Brücke in Mostar. Dies waren kürzere Begegnungen, aber durch die Offenheit der Frauen waren auch diese geprägt von einem Wissens- und Erfahrungsaustausch auf persönlicher Ebene. Die Zeit in Bosnien wurde durch einen Aufenthalt in der historisch bedeutungsvollen Stadt Mostar und einen Besuch der Wasserfällen in Kravice abgerundet. Bosnien hinterlies bei allen einen besonderen Eindruck. Durch zahlreiche spontane Begegnungen und ehrliche Gespräche mit Menschen im Alltag haben alle Reisende einen engen Bezug zu der Region entwickelt. Sätze wie: „Hierhin kommen wir auf jeden Fall noch mal wieder“, waren häufig zu hören.

Die Fahrt von Kravice nach Zagorje in der kroatischen Region Istrien führte entlang einer wunderschönen Küstenstraße und begeisterte alle für die Landschaft. Als Aktivitäten hatte die Gruppe rund um Zagorje einen Bootsausflug, den Besuch des Kolosseum in Pula, den Besuch der Paziner Grotte und auch einen besonderen Adrenalinkick organisiert: mit einer Zipline über eine Schlucht zu fliegen. Ein weiterer Höhepunkt – und persönliche Herausforderung für Alle – war der Aufstieg auf den 1.200 Meter hohen Sisol. Ein Ausflug der zunächst als ein drei Stunden Trip geplant war, aber sich dann doch als siebenstündige Wanderung entpuppte. Eine sehr schöne Begegnung gab es am Schluss. Ein freundlicher Landwirt nahm die Gruppe am Rückweg das letzte Wegstück in seinem Pick-up mit. Der Ausblick über die Wolken Istriens und die Begegnung mit wilden Bergziegen waren unvergesslich und für viele in der Gruppe ihr erstes Naturerlebnis dieser Art.

Insgesamt war diese Reise nur mit Frauen und die vielfältigen Erlebnisse unvergesslich. Vor allem in Bosnien fühlten sich die jungen Frauen besonders wohl, da sie das Gefühl hatten dort nicht als besonders auffällig oder störend wahrgenommen zu werden. Dies wurde viel diskutiert, da insbesondere jene Mädchen, die sich für das Tragen eines Kopftuches entschieden haben, in Kroatien und bei den Grenzübertritten bedeutend mehr abwertenden Haltungen erfuhren. Die unterschiedlichen Wahrnehmungen von Frauen mit Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit und die damit einhergehenden Emotionen sorgen auch im Nachgang der Reise für Auseinandersetzungen in der Reisegruppe. Diese Gespräche werden von den Pädagog*innen der MANEGE begleitet.

Berichte von drei jungen Frauen aus der Manege

Diese Reise wurde durch eine Spende von Between Bridges möglich.

Reise nach Griechenland von Jugendlichen des Jugend- und Freizeitclubs Manege, August 2016

 

Reisebericht der Manege Pädagog*innen:

Motivation Schwerpunkte der Arbeit der Manege sind Freizeitgestaltung, Hausaufgabenhilfe und Kulturarbeit, wie Theater und Reisen. Auf Grund der Flüchtlingssituation in Berlin im Sommer 2015 erweiterte die Manege ihre Arbeit um die Unterstützung für Menschen mit Fluchterfahrung. Zielgruppen waren geflüchtete Familien und Kinder, die Hilfe und Unterstützung bei der Erstaufnahmestelle am Landesamt für Soziales und Gesundheit (LaGeSo) brauchten. In dieser Zeit engagierten sich neben den Mitarbeiter*innen der Einrichtung, insbesondere auch die Jugendlichen Besucher*innen der Manege. In Zusammenhang dieses Engagements und der damit verbundenen Problematik am LaGeSo entstand die Idee, einen Filmworkshop mit allen Beteiligten durchzuführen. Dieser sollte den Jugendlichen die Möglichkeit bieten ihren Frust über die dramatische Situation bzw. die Fluchtgeschichten der Menschen sichtbar zu machen und die eigenen Erfahrungen nach außen zu transportieren.

Leitfragen Bis zu diesem Zeitpunkt unterstützten die Besucher*innen der Manege Menschen mit Fluchterfahrung in ihrem direkten Umfeld (Sozialraum). Auch der Film bezog sich bis zu diesem Zeitpunkt auf die Problematik für Neuankommende in Berlin. Das Interesse der Jugendlichen für den internationalen politischen Diskurs wurde größer, so diskutierten die Jugendlichen häufig über die politischen Entscheidungen der deutschen Regierung bzw. Europas. Insbesondere die Schließung der Grenzen beschäftigte die Jugendlichen sehr, sie verfolgten die internationalen Nachrichten mit besonderer Aufmerksamkeit. Die Situation für Flüchtlinge in Griechenland an der mazedonischen Grenze berührte die Jugendlichen nachhaltig. Es entstand die Idee für eine Reise nach Griechenland, um den Menschen direkt vor Ort zu helfen und sich ein eigenes Bild über die aktuellen Lebensbedingungen in den griechischen Camps zu machen. Die Jugendlichen recherchierten selbstständig und fanden heraus, dass in verschiedenen Camps insbesondere Arabisch sprechende Dolmetscher gebraucht wurden. Da die meisten Besucher*innen einen arabischen oder türkischen Hintergrund haben, sahen sie die Chance Menschen durch ihre Sprachkenntnisse zu unterstützen. Ein weiteres Anliegen war ihre Reise filmisch zu dokumentieren, um ihre gesammelten Bilder und Geschichten in den aktuellen Film einfließen zu lassen. Hier war das selbst gesetzte Ziel, den Menschen in den Camps eine Stimme zu geben und diese an die Öffentlichkeit zu bringen.

Rahmenbedingungen Für das pädagogische Team der Manege bedeutete das ganz konkret: Die Jugendlichen wollten nach Griechenland, an die mazedonische Grenze und die Menschen, gemeinsam mit den vor Ort aktiven Helfer*innen/Organisationen, unterstützen. Zudem ist das Reisen seit Jahren ein wichtiger pädagogischer Schwerpunkt der JFE Manege, da viele der Besucher*innen, aufgrund ihrer familiären Strukturen und finanziellen Lage, ohne die Einrichtung nicht die Möglichkeiten hätten ihren gewohnten Sozialraum zu verlassen. Zum einen werden während der Reisen die Beziehungsarbeit und der Zusammenhalt unserer Besucher*innen untereinander intensiviert und zum anderen können die Pädagog*innen auf Reisen viele intensive Gespräche führen, die im Alltag so nicht möglich wären. Auf den Reisen lassen insbesondere viele Jugendliche ihre harte Schale fallen und dieses ermöglicht ihnen sich selbst neu zu entdecken, die eigene Persönlichkeit weiter zu entwickeln und ihren Horizont zu erweitern.

Reisebericht Im August 2016 reisten ein Sozialarbeiter und eine Erzieherin mit einer Gruppe von sechs Jugendlichen aus der Manege im Alter von 16 bis 18 Jahren für zehn Tage nach Thessaloniki. Die Gruppe wurde von der Filmemacherin, Kamerafrau und Workshopleiterin Verena Vargas Koch begleitet. Im Laufe der Reise besuchte die Gruppe zwei Camps in verschiedenen Städten bzw. Dörfern an der mazedonischen Grenze. Die Jugendlichen verbrachten mehrere Stunden und Tage in den Camps und durften, nach ihren Aussagen, wundervolle Menschen kennenlernen. Menschen die sehr viele Hürden auf ihrem Weg in die Sicherheit meistern mussten, die mehrere Monate und zum größten Teil bis heute noch getrennt von ihren Familien leben müssen. Menschen die auf ihrer Flucht immer wieder von Gewalt, Rassismus und Diskriminierung betroffen sind. Alle Jugendlichen waren schockiert über die dramatischen Lebensumstände der Bewohner*innen in den abgesperrten Camps. Die Menschen lebten in provisorischen Zelten, teilweise seit mehr als einem Jahr. Es fehlte an Essen, Hygieneartikeln, Kleidung, Schlafsäcken, Betten, uvm. Am meisten schockierte die Gruppe jedoch die Perspektivenlosigkeit, da keiner der Bewohner*innen eine Auskunft darüber erhielt, was in Zukunft mit ihnen passieren würde. Zudem waren viele Familienangehörige auf der Flucht getrennt und in andere Länder verschickt worden. Immer wieder sagten die Bewohner*inne, sie wollen einfach nur nicht vergessen werden und ein würdevolles selbstbestimmtes Leben führen. Den Jugendlichen war es ein Anliegen diese Aussagen mit nach Deutschland zu nehmen. Sie wollten die Stimme sein, für all die Menschen in den Camps in ganz Europa. So führten sie viele Interviews mit Menschen in den Camps und schrieben ihre Gedanken in kleinen Erfahrungsberichten nieder. In Thessaloniki besuchten die Jugendlichen zwei NGO'S um mehr über ihre soziale Arbeit in den Camps und ihre Meinung zur politischen Situation in Griechenland zu erfahren, hierfür führten sie zwei Interviews mit einer Sozialarbeiterin und der Leitung einer NGO. Zudem besuchten sie ein griechisches Jugendzentrum, welches sich für die Begegnung von Schutzsuchenden und einheimischen Jugendlichen einsetzt. Am Ende der Reise wurde die gesamte Gruppe von den Radiomoderatoren des griechischen Starclassic Radio gefragt, ob sie Zeit und Lust hätten ein Interview über ihr Engagement in Berlin zu geben und Fragen zu ihrem Besuchen in den griechischen Camps zu beantworten. Der Besuch beim Radio und das Live-Interview waren ein besonderes Erlebnis für Alle.

Film Nach ihrer Rückkehr präsentierten die Jugendlichen ihren erarbeiteten Trailer zum Griechenlandfilm innerhalb einer Ausstellung in Berlin. Während einer Podiumsdiskussion lasen sie ihre persönlichen Erfahrungsberichte vor und beantworteten im Anschluss viele Fragen. Nach einem sehr positiven Feedback des Publikums entstand die Idee, zukünftig andere junge Menschen – in Form von Vorträgen über die Reise nach Griechenland – für die aktuelle „Flüchtlings- und Asylpolitik“ zu sensibilisieren und auf Missstände aufmerksam zu machen. Das Schneiden und besonders das Übersetzen des Filmmaterials war eine wichtige Aufgabe, die von den Jugendlichen gemeinsam mit der Filmemacherin nach der Reise umgesetzt wurde. Ziel ist es, bis Ende April den 90-minütigen Dokumentarfilm fertig zu stellen.

Diese Reise wurde durch eine Spende der Freudenberg Stiftung möglich.